Die Bilanz der Entwicklung der geldpolitischen Kennziffern Kasachstans im vergangenen Jahr ist durchwachsen. Wohltuend ist erst einmal, dass trotz des starken Anstiegs der Preise für die kasachischen Exportgüter und damit des Zuflusses von Devisen die meisten Kennziffern im Geldsektor innerhalb Kasachstans nur verhalten gestiegen sind. In den vergangenen Jahren war das nicht der Fall, wodurch eine ganze Reihe von Problemen entstanden, an denen das Land heute noch zu knabbern hat. Das betrifft vor allem den Bankensektor, der trotz der Verbesserung einer Reihe wichtiger Parameter immer noch die Problemzone Nummer eins der Volkswirtschaft ist.

Die Gesamtinflation hat sich 2010 mit 7,8 Prozent nur sehr knapp in den geplanten Korridor von sechs bis acht Prozent gerettet. Die Lebensmittelpreise – für die meisten Leute der direkte Nachweis der Geldwertstabilität – haben sich jedoch um mehr als zehn Prozent erhöht, die für einzelne Grundnahrungsmittel sogar deutlich stärker (Obst, Gemüse und Fleisch – 19 Prozent, Wurstwaren – zwölf Prozent). Weiterhin interessiert die Bevölkerung besonders die Veränderung der Tarife für kommunale Dienstleistungen. Auch hier ist eine überproportionale Steigerung zu verzeichnen. Strom wurde um zwölf Prozent, Kaltwasser um elf Prozent und Abwasser um neun Prozent teurer. Auch Diesel, eine Reihe von Medikamenten, Leistungen des Gesundheits-, Bildungs- und Rechtssektor haben sich ebenfalls stärker verteuert, als das Preisniveau aller Waren und Dienstleistungen gestiegen ist.
Das Besondere am Inflationsprozess 2010 ist, dass der klassische Faktor, der in den Jahren zuvor die Preise vor allem getrieben hat, im letzten Jahr nicht der „Hauptschuldige“ war.

Gemeint ist die schnelle Steigerung der im Umlauf befindlichen Geldmenge, wofür die Nationalbank mit ihrer Emissionspolitik verantwortlich ist. Die Geldmenge ist in 2010 mit 13 Prozent zwar etwas schneller gestiegen, als theoretisch begründet gewesen wäre, doch das war nicht entscheidend. Erstmals überwiegen in der Liste der inflationstreibenden Faktoren die sogenannten nichtmonetären Faktoren. Das sind also nichtgeldliche Dinge, vor allem der nach wie vor gegebene hohe Monopolisierungsgrad der Märkte (vor allem im Einzelhandel), der niedrige Grad der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Waren (woraus ein hoher Anteil teurer Importwaren folgt), die langen Lieferketten mit den vielen Zwischenhändlern darin.
Die durch nichtmonetäre Faktoren initiierte Inflation kann der Nationalbank nicht angelastet werden. Diese Ursachen zu bekämpfen ist Sache der Regierung, speziell deren Wirtschaftspolitik. Da es offensichtlich schwer ist, eine stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik praktisch zu realisieren, plant die Nationalbank bis zum Jahre 2015 auch keine Verringerung der Inflationsrate. Die soll stabil bei etwa sieben Prozent bleiben. Man kann das als eine Art Kapitulation der Nationalbank bewerten oder auch nicht. Es gab jedenfalls vor ein paar Jahren schon einmal das Ziel, die Inflationsrate auf unter fünf Prozent zu senken.

Davon ist jetzt keine Rede mehr, so dass sich bereits eine nachhaltig stabile Inflationserwartung nicht nur in der Gesellschaft allgemein, sondern auch in der Politik verfestigt hat. Das bewirkt das Entstehen einer Preis-Einkommensspirale, aus der es sich oftmals nur schwer herausfinden lässt. So wird die mit 30 Prozent angekündigte Erhöhung der Renten ab Januar 2011 zwar mit der Verbesserung des materiellen Lebensniveaus der Senioren begründet, praktisch gleicht diese eigentlich enorme Steigerung der Rentenbezüge aber überwiegend nur die gestiegenen Preise aus. Nur etwa ein Viertel der nominellen Rentensteigerung bewirkt eine wirkliche Erhöhung der generell sehr niedrigen Kaufkraft der Rentner und das auch nur, wenn mindesten alle zwei Jahre eine solche Rentensteigerung erfolgt. Dafür aber muss eine ganze Menge Geld da sein, dass auch nicht unbedingt vom Himmel fällt.

Bodo Lochmann

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