Beim Gipfel der postsowjetischen Länder steht vor allem der Besuch Putins im Fokus der Weltöffentlichkeit. Kasachstans Präsident Tokajew macht Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und des Handels.

Die erste Auslandsreise in diesem Jahr führte Kremlchef Wladimir Putin Ende vergangener Woche in die kirgisische Hauptstadt Bischkek. Der Besuch erfuhr besondere internationale Aufmerksamkeit, da es zugleich das erste Mal war, dass Putin Russland verließ, seit der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag im März einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt hat.

Im Vordergrund der Gespräche Putins mit seinem kirgisischen Amtskollegen Sadyr Schaparow am Donnerstag standen vor allem Verteidigungsfragen. So ratifizierten die beiden Präsidenten laut dem Pressedienst des Kremls ein Abkommen über die Schaffung eines gemeinsamen regionalen Luftabwehrsystems. Außerdem nahmen sie an einer Veranstaltung anlässlich des 20. Jahrestags der Eröffnung des Luftwaffenstützpunkts der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) teil. Kirgisistan gehört wie auch die Nachbarn Kasachstan und Tadschikistan dem von Moskau geführten Verteidigungsbündnis an.

Armenien bleibt Treffen fern, Aserbaidschan ist dabei

Den größeren Rahmen bildete am Freitag das Treffen der Staatschefs der GUS-Länder – zumindest jener von ihnen, die sich in Bischkek zeigten. Armeniens Präsident Nikol Paschinjan blieb der Veranstaltung – wie zuvor bereits ähnlichen multilateralen Formaten postsowjetischer Länder – fern. Armenien kämpft aktuell mit den Folgen seiner militärischen Niederlage gegen den verfeindeten Nachbarn Aserbaidschan um die Provinz Bergkarabach. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew dagegen ließ sich die Einladung zur Ratssitzung der GUS-Staatschefs nicht entgehen.

Unter dem Vorsitz von Sadyr Schaparow, der sich im Vorfeld der Sitzung auch mit seinen Amtskollegen aus Turkmenistan und Tadschikistan traf, erörterten die Teilnehmer den Stand der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und deren Perspektiven. Der kirgisische Präsident hob dabei die Bereitschaft seines Landes hervor, einen Beitrag zur effizienteren Ausgestaltung der Organisation, einer Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern und einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zu leisten.

Tokajew verurteilt Terrorismus und Gewalt gegen Zivilisten

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew, der wie die anderen Staatschefs auch eine Begrüßungsrede hielt, ging in seinen Ausführungen auf die wirtschaftlichen Folgen der aktuellen geopolitischen Verwerfungen ein. Dabei verurteilte er den Einsatz von Wirtschaftssanktionen, „die die verheerendsten negativen Auswirkungen auf den Welthandel und das Wohlergehen der Staaten haben“.

Außerdem äußerte sich Tokajew zum ersten Mal öffentlich zum Krieg zwischen der Hamas und Israel, der mit dem Angriff der islamistischen Terrororganisation auf israelische Ortschaften und ein Musikfestival vor anderthalb Wochen begonnen hatte. „Kasachstan lehnt den Einsatz terroristischer Methoden zur Lösung dringender internationaler Probleme entschieden ab“, sagte Tokajew. Man könne nicht auf Gewalt gegen Zivilisten oder auf Terrorakte zurückgreifen, um seit Jahrzehnten ungelöste Aufgaben zu lösen. „Es gibt keine Möglichkeit, dies zu rechtfertigen“, so Kasachstans Präsident weiter.

Darüber hinaus warb Tokajew abermals für eine Reform des UN-Sicherheitsrates und konzentrierte sich ansonsten auf Themen, die konkret die GUS-Länder betreffen: den Abbau von Handelsbarrieren, die Vereinfachung von Verwaltungsprozessen, den Ausbau von Transportkorridoren und die Modernisierung von Infrastruktur. In und unter den Ländern der Organisation. Als eine der Hauptprioritäten nannte Tokajew die Ernährungssicherheit der Länder, die zuletzt mehrfach landwirtschaftliche Erzeugnisse aufgrund von Knappheit mit Exportstopps belegt hatten: „Wir sollten die Zusammenarbeit bei der Entwicklung einer produktiveren und umweltfreundlicheren Landwirtschaft aktiv verstärken“, so der kasachische Staatschef in dem Zusammenhang.

Mit Blick auf die kulturell-gesellschaftliche Zusammenarbeit der Länder betonte Tokajew – ebenfalls nicht zum ersten Mal – den Stellenwert der russischen Sprache. Das Thema ist aktuell sehr relevant im Raum Zentralasien, wo die fünf UdSSR-Nachfolgestaaten zum Teil einen Balanceakt zwischen der Förderung ihrer eigenen Muttersprachen und dem Erhalt des Russischen als allgemeiner Verkehrssprache vollziehen. So stieß zuletzt Moskau ein neues Gesetz in Kirgisistan sauer auf, das Beamte zum Beherrschen der kirgisischen Sprache verpflichtet. Auf die Kritik aus Russland entgegnete Kirgisistans Präsident Schaparow seinerzeit eilig, dass der Status des Russischen als zweiter offizieller Sprache nicht gefährdet sei.

Mirsijojew mit Ehrenorden ausgezeichnet

Am Freitag wiederum verkündeten die Teilnehmer der GUS-Sitzung in Bischkek eine Entscheidung, die Kasachstans Staatschef Tokajew als „historisch“ bezeichnete: die Unterzeichnung des Gründungsvertrages und einer Charta der Internationalen Organisation für russische Sprache. „Diese Organisation wird zu einer unabhängigen internationalen Struktur und erhält Rechtspersönlichkeit“, führte Tokajew aus. „Die neue Organisation steht allen Ländern offen und ist aus Sicht der globalen humanitären Zusammenarbeit selbstverständlich absolut relevant.“

Daneben wurde am Freitag noch eine Reihe weiterer Dokumente von den Teilnehmern des Treffens unterzeichnet – darunter gemeinsame Erklärungen zur Zusammenarbeit im Bereich der Digitalisierung von Verwaltungen und zu den Prinzipien der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in einer multipolaren Welt. Ein besonderes symbolisches Ereignis war die Auszeichnung des usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew durch seinen Gastgeber Schaparow mit dem GUS-Ehrenabzeichen für den herausragenden Beitrag zur Entwicklung des Staatenbündnisses, zur Stärkung der Freundschaft, der guten Nachbarschaft und der für alle Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen den GUS-Mitgliedstaaten.

cstr.

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