Wenn man an seine Grenzen stößt, in den Leerlauf gerät oder kurz vor dem Durchdrehen steht, braucht man eine Pause. Pausen sind wichtig. Danach kann man sich mit frischem Wind und klarem Kopf ins vorherige Geschehen stürzen. So ist das mit den Pausen, nicht mehr und nicht weniger. Mehr darf man von Pausen nicht erwarten. Sie ändern nichts Grundlegendes, das ist auch nicht ihr Zweck, jedenfalls wenn man nichts aktiv für Veränderungen unternimmt, sondern in der Pause nur Pause macht. Das liegt in der Natur der Sache. Und doch bin ich immer wieder dem Irrtum auferlegen, dass sich durchs Pausieren an sich etwas ändert und danach vieles besser, zumindest aber anders wird.


Ich habe, wie vielleicht aufgefallen ist, eine längere Schreibpause eingelegt. Nach vielen Jahren Schreibens litt ich bei den letzten Beiträgen ständig unter Déja vu. Bei jedem zweiten Satz hatte ich das Gefühl: Mensch, das habe ich schon X Mal oder mindestens einmal so oder so ähnlich geschrieben; das Thema habe ich doch schon zig mal abgehandelt. Schon wieder ist Karneval, schon wieder ist Weihnachten, schon wieder ist der Tag der Deutschen Einheit und schon wieder weiß ich nicht, was ich Neues darüber schreiben könnte, weil sich meine Meinung und mein Wissen nicht wesentlich geändert oder erweitert hat. Ob mich das beruhigen oder erschrecken sollte, habe ich noch nicht entschieden. Wenn die Originalität schwindet, kehren Stabilität und Ruhe ein. Gleichermaßen doof und gut. Und wenn ich nichts mehr produzieren „muss“, kann ich stattdessen mal konsumieren, auch nicht schlecht. Eigentlich.

Auch musste ich mich mal dringend von meinem amateurhaften Gestümper auf allen Ebenen erholen. Das wurde nämlich immer ärgerlicher. Überall Stagnation. Nicht aufhörenwollendes Gefrötzel beim Schweißen, Gehampel an der Orgel, Gekritzel beim Zeichnen und Gestammel beim Texten – schrecklich! Drum musste erst mal die Produktion gestoppt werden. Nach etlichen Wochen Schaffenskrise komme ich langsam wieder in die Gänge, es juckt mich in den Fingern und ich lege erneut Hand an. Doch oh Schreck – ich mache genauso weiter wie zuvor, mit dem Unterschied, dass das Gestümper noch schlimmer geworden ist. Klar, ohne Übung kein Ergebnis, schon gar kein Fortschritt, weiß doch jedes Kind! Die Pause war also nur eine Pause. Und wenn ich etwas ändern will, muss ich jetzt anfangen, etwas zu ändern. Heißt: Input! Ich habe mir bereits für alle Disziplinen Mentoren gesucht. Mal sehen, ob es hilft.
Und wenn sich trotz Inputs nichts ändert, ist es auch nicht so schlimm, tröste ich mich, nehme mir den Druck und ein Beispiel an David Bowie. Der hat sich jahrelang zurückgezogen. Und als er zuletzt wieder auf die Bühne trat und eine neue Platte aus dem Ärmel zog, waren wir zunächst alle gespannt wie ein Flitzebogen, was er uns Neues kredenzen würde; um kurz erstaunt zu sein, dass es gar nicht so viel anders ist als vorherige Stücke; um uns dann zu freuen, dass Bowie trotz Rückzugsphase Bowie geblieben ist – wie wir ihn kennen und mögen. Der Unterschied zwischen Bowie und mir ist nur leider, dass die Welt bei meiner Rückzugsphase und Wiederkehr nicht gebannt den Atem anhält. Aber vielleicht komme ich dank meines Inputs auch noch dorthin.

Julia Siebert

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