Austauschprogramme, Sommerschulen und Seminare sind, vor allem für junge Menschen aus den Entwicklungsländern, eine gute Gelegenheit wertvolle Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Eine solche Gelegenheit bot in diesem Jahr die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) organisierte Sommerschule im bayerischen Eichstätt mit dem Schwerpunkt Religion und ihrer Rolle bei Konflikten. Malika Bashirova, eine der Teilnehmerinnen aus Kirgisistan, berichtet von ihren Erlebnissen.

/Bild: privat. ‚Die Teilnehmer der diesjährigen Sommerschule kamen aus sieben verschiedenen Ländern.’/

Die Teilnehmer des zentralasiatischen Länderabends zeigten ihre traditionelle Kleidung.

Derjenige, der eine Ausbildung abgeschlossen hat, hat heute viele Vorteile und mehr Möglichkeiten sich zu entfalten. Doch leider können sich nicht alle, vor allem Studenten aus den Entwicklungsländern, eine Ausbildung in den Heimatländern, geschweige denn in Europa, leisten. Allein der Flug nach Deutschland kostet mich, eine Bürgerin Kirgisistans, mehr als ein halbes Jahr Arbeit. Daher bilden verschiedene Austauschprogramme, Sommerschulen und Seminare eine gute Gelegenheit Erfahrung im Ausland zu bekommen.

Der Deutsche akademische Austauschdienst (DAAD) zum Beispiel vergibt jedes Jahr diverse Stipendien an Schüler und Studenten, sowie an Lehrer, Forscher und Wissenschaftler. Natürlich ist der Weg zu dem gewünschten Stipendium nicht einfach: Die Konkurrenz ist groß, doch wer alle Aufgaben überstanden hat, wird dafür mit einer Ausbildung im Ausland belohnt. Dementsprechend groß ist auch die Motivation der Bewerber. Eines der Projekte, die der DAAD im Rahmen der deutschen Ausbildungsprojekte unterstützt, ist die Internationale Sommerschule. Das Thema der diesjährigen Sommerschule, die in der kleinen bayerischen Universitätsstadt Eichstätt stattfand, war: „Rolle der Religion bei der Entstehung und Bewältigung der Konflikte“.

Das Programm der Sommerschule wurde von den Organisatoren Marina Tsoi und Antonina Sikowa so gestaltet, dass die Teilnehmer aus den Ländern des Südkaukasus und Zentralasiens in den Lernprozess deutscher Studenten eintauchen konnten. An der Eichstätter Sommerschule nahmen Vertreter aus sieben Ländern teil: Aserbaidschan, Armenien, Georgien, Kasachstan sowie Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan. Religion spielt in diesen Regionen – Südkaukasus und Zentralasien – eine große Rolle. In den letzten Jahren gab es dort auch viele Konflikte, deren Spuren auch jetzt noch zu sehen sind.

Christentum und Islam im Mittelpunkt

Es gibt verschiedene Meinungen darüber, was die Auslöser für diese Konflikte sein könnten. Manchmal spricht man auch von religiösen Gründen. Ob es möglich ist, dass Religion einen konflikterzeugenden Charakter haben kann oder nicht, versuchten die Teilnehmer der Internationalen Sommerschule mit Hilfe der Professoren der Eichstätter Universität und anderer Wissenschaftler, sowie auch Theologen, zu erfahren.

Kochen und tanzen gehörte zum Programm des kaukasischen Länderabens.

In der ersten Woche der Sommerschule besuchten wir Vorlesungen und hörten uns Vorträge von Wissenschaftlern an. Zunächst wurden die allgemeinen Grundlagen der Weltreligionen aufgezeigt, um den Teilnehmer gewisse Vorstellungen davon zu vermitteln. Da die Haupteligionen im Südkaukasus und in Zentralasien das Christentum und der Islam sind, standen diese im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Im Laufe der Vorträge wurde dann deutlich, dass sich viele Menschen nicht für andere Religionen interessieren, und somit auch fast nicht mehr wissen, als in den Medien berichtet wird! So verbindet man beispielsweise den Islam häufig mit Gewalt und Aggression, wobei in der Religion selbst so etwas nicht existiert.

Während der Sommerschule haben wir das Christentum und den Islam aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet: religionswissenschaftlich, theologisch und politisch. Es wurden Spezialisten der unterschiedlichen Fachbereiche eingeladen, die ihre Ansichten aufzeigten und diskutierten, so dass wir alles selbständig vergleichen und analysieren konnten. Im Laufe des Projektes besuchten wir auch eine Moschee und den theologischen Ausbildungsort, „Kollegium Orientale“. Während der Führungen, konnten wir viele neue Eindrücke sammeln.

Eine kleine Reise

Aber nicht nur die Religion gehört zur Kultur eines Volkes. Als Beweis dafür dienten zwei Länderabende, die in diesen zwei Wochen durchgeführt wurden. Die Vertreter der südkaukasischen Länder stellten ihre Kultur zunächst vor. Man kochte, dekorierte den Saal, erzählte, tanzte. Die Zuschauer, darunter Teilnehmer der Sommerschule, Studenten und Professoren der Katholischen Universität, aßen kaukasische Gerichte und lernten kaukasische Tänze.

Eine Woche später waren die Zentralasiaten dran, die ihre Traditionen in einem kleinen Theaterstück darstellten. Das typische Essen, Tee, Singen und Tanzen nahmen die Besucher für eine kurze Zeit mit auf eine kleine Reise nach Zentralasien und hinterließen viele positive Eindrücke. Die ganze Sommerschule brachte uns viel fachliches Wissen, kulturelle Eindrücke und natürlich viele neue Freunde.

Von Malika Bashirova

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So fanden es die Teilnehmer:

„Früher hatte ich Angst vor den Muslimen und wollte nichts mit ihnen zu tun haben. Aber jetzt sehe ich, dass wir uns doch sehr ähnlich sind und vieles gemeinsam haben. Das Wichtigste für mich war, zu verstehen, dass es keine konflikterzeugende Religion gibt, sondern nur Menschen, die diese als Mittel für ihre subjektiven politischen Zielen nutzen“.
Teona Tabuaschwilli, 23, Georgien

„Mir hat total gefallen, dass die Internationale Sommerschule in Eichstätt keine langweilige wissenschaftliche Konferenz war, sondern ein umfangreiches Programm mit interessanten Vorträge und spannenden Exkursionen. Die fantastischen Länerabende von den Zentralasiaten und Südkaukasiern brachten gute Stimmung nach Eichstätt. Jeder von uns bekam die Chance etwas von den anderen Ländern zu erfahren, manche lernten sogar einiges über ihre Heimat.“

Talgat Artikbaew, 19, Kasachstan

„In diesen zwei Wochen sah ich keine Konflikte, sondern Freude an der Zusammenarbeit und Bereitschaft die Anderen zu verstehen, sowie viel gute Laune. Und obwohl sich die Präsentationen, mit einem so heiklen Bereich wie Religion befassten, waren die Diskussionen, Fragen, Anmerkungen sehr zutreffend, angemessen und interessant. Ich habe durch diese Veranstaltungen nicht nur neue Informationen über die Region bekommen, sondern auch neue Ideen und Fragen, die nicht sofort zu beantworten sind und worüber man weiter nachdenken sollte. Und natürlich die kurzen Gespräche in den Pausen, die man auf Neudeutsch „Small-Talk“ nennt, gemeinsame Partys, all das, was nicht im offiziellen Programm stand, gab den Teilnehmern die Möglichkeit sich zu entspannen und zugleich einander besser zu verstehen“.

Ibrahim Mirsoew, 21, Aserbaidschan

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