Campinos Wuschelfrisur reicht leider nicht für einen punkigen Eindruck. Andis blonder Igelschopf auch nicht, und Breitis biederer Beamtenschnitt schon gar nicht. Das einzig Punkige auf der Pressekonferenz der Toten Hosen ist einer der Roadies, ein wahrer „Punk-Opa“ mit langem Bart, abgewetztem T-Shirt und einem mit Tätowierungen übersäten Arm. Er hat es sich auf dem Sofa am Eingang bequem gemacht. Ein Blick hinter die Kulissen vor dem Konzert in Almaty.

/Bild: Julia Burkhart. ‚Unpunkig und brav präsentierten sich die Toten Hosen vor dem Konzert den kasachstanischen Journalisten.’/

Erwartungsgemäß kommt als erstes die investigative Frage aus den Reihen der einheimischen Pressevertreter: „Haben Sie schon die kasachische Küche probiert?“ Campino lächelt überrascht, leicht irritiert. Was sie bisher probiert hätten, hätte sich nicht wesentlich vom Essen zu Hause unterschieden. Auf ihrer Webseite haben die Hosen einen Katalog mit 64 Fragen und Antworten für Journalisten – von Fragen zu Lieblings-Zeitverschwendung, Lieblingsdroge, Lieblingskomponist, bis „Welche Musik sollte bei deiner Beerdigung gespielt werden?“. Die Frage nach der kasachischen Küche ist allerdings nicht dabei.

Länderübergreifender Punk-Spirit

Eine andere Journalistin in durchlöcherten Jeans springt auf – wie sich denn die kasachstanische von der deutschen Punkszene unterscheiden würde? Campino packt pathetisches Vokabular aus: „Musik ist länderübergreifend, und die Herzen der Punkfans schlagen überall auf der Welt gleich.“ Man wolle einen Abend zelebrieren, eine Party feiern, neue Freunde kennenlernen. „Energie hin- und herschleudern.“ Von dieser Energie ist auf der Konferenz allerdings noch wenig zu spüren. Die Punkrocker blicken neugierig, aber ernst in die Runde. Frage von vorne links: „Welche Bands haben euch beeinflusst?“ Campino antwortet: „Wir sind keine Musik-Fundamentalisten und wollen uns nicht einengen. Wir teilen Musik nicht in Stile auf, sondern in gute und schlechte Musik.“

„Musik hoffentlich besser geworden“

Wie sich ihre Musik denn im Laufe von mehr als 20 Jahren verändert habe? „Ich hoffe, dass unsere Musik besser geworden ist“, lacht Andi. „Schule ist heute einfach kein Thema mehr für uns. Andere Themen wie Rassismus oder menschliche Abgründe begleiten uns natürlich bis heute.“ Außerdem hätten sich die Zeiten ja „gottseidank“ geändert. Während der Zeit des Eisernen Vorhangs undercover in Polen und der DDR aufzutreten sei etwas völlig anderes gewesen als heute offiziell durch Europa zu touren. Letzte obligatorische Frage der kasachstanischen Pressevertreter: Glückwünsche für die Stadt? Etwas irritiert blicken die drei Hosen in die Runde und antworten: „Die richten wir fairerweise erst nach dem Auftritt aus.“ Fast 30 Jahre Bühnenerfahrung, und die Altpunker werden von kasachstanischen Journalisten überrascht. Glückwünsche für Städte und die kasachische Küche müssen die Hosen also noch in ihren Fragenkatalog im Internet aufnehmen.

Von Julia Burkhart

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