Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ feiert in diesem Jahr ihr 55-jähriges Bestehen. Zu diesem 55. Geburtstag möchte ich dem gesamten Redaktionsteam unter Leitung von Chefredakteurin Olesja Klimenko von ganzem Herzen gratulieren!

Ohne diese eingeschworene Gemeinschaft von Gleichgesinnten – Chefredakteur, Redakteure, Autoren, Übersetzer und Layouter – und deren tägliche journalistische Arbeit gäbe es die DAZ in der Form, wie wir sie kennen, sicherlich nicht.

Vor über einem Jahrzehnt, Ende August 2011, traf ich in Almaty, Kasachstan, ein, um für ein Jahr als Redakteurin in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ (DAZ) zu arbeiten.

Das ifa-Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart entsandte mich nach Almaty, um dort für den deutschen Anteil der wöchentlich erscheinenden Minderheiten-Zeitung zu schreiben.
Meine Aufgabe bestand darin, als Kultur- und Sprach-Mittlerin zwischen dem Kulturinstitut ifa auf der einen Seite und der DAZ sowie der deutschen Minderheit auf der anderen Seite zu vermitteln. In regelmäßigen Abständen wurde dem ifa über die Arbeit in Kasachstan berichtet. Dies war wichtig, um die Förderung der deutschen Minderheit aufrecht zu erhalten und zu stärken.

Im Jahre 1966 zunächst unter dem Namen „Freundschaft“ gegründet, ist der Geist der Gründerväter und -Mütter von damals in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ bis heute lebendig geblieben. Viele Autoren sind bis ins hohe Alter aktiv und verfassen regelmäßig Artikel zu unterschiedlichsten Themengebieten. Ich hatte das Glück, einige dieser Autoren selbst kennenzulernen. Zudem hatte unsere Redaktion ständigen Kontakt mit Herold Belger, dem international bekannten Schriftsteller und wohl berühmtesten Vertreter der deutschen Minderheit in Kasachstan.

Auch unser langjähriger Korrektor für die deutschen Texte, Herr Eugen Hildebrand, ist für das Redaktionsteam der DAZ einfach unersetzlich: seit Gründung der damaligen „Freundschaft“ bringt er sich bis heute mit all seinem Wissen, seinen Fähigkeiten und seiner Kraft in jede Ausgabe der DAZ ein, und das in fortgeschrittenem Alter!
Für mich war Kasachstan bis 2011 ein weit entferntes, unbekanntes Land in Zentralasien, welches ich nur aus Erzählungen von Freunden und von meinen Eltern kannte. Dennoch hatte das neuntgrößte Land der Erde mit seiner kulturellen Vielfalt und seiner immens großen Ausdehnung vom Kaspischen Meer bis zur chinesischen Grenze eine Anziehungskraft auf mich, die man wohl nur mit der Faszination des Exotischen beschreiben kann.

Aus Neugierde und als Vorbereitung auf meine Tätigkeit in der Redaktion hatte ich mich – noch in Deutschland – eingehend mit der Geschichte der Russland- und Kasachstandeutschen beschäftigt. In langen Gesprächen mit Freunden und Bekannten erfuhr ich aus dem Leben als Deutsche in der damaligen Sowjetunion und in Russland nach 1991.

Nun war ich in Almaty und schrieb sozusagen – hautnah und live – über das Leben und Wirken der deutschen Minderheit in Kasachstan. Die Geschichten der deutschen Minderheit in Kasachstan, in denen Freud und Leid, Erfolge und Tragödien vermischt waren, konnten in der DAZ für eine große Leserschaft erlebbar und lebendig gemacht werden.

Ich selbst empfand es als großes Glück, von den Mitarbeitern der DAZ-Redaktion mit einer Selbstverständlichkeit und ohne jedwede Voreingenommenheit in ein eingespieltes und kompetentes Team integriert zu werden. In solch einem Umfeld machte die Arbeit großen Spaß, erst recht, wenn sich konzentriertes Arbeiten mit Fröhlichkeit und gemeinsamen Zusammenkünften abwechselten.

Die Herzlichkeit der gemeinsamen Geburtstagsfeiern und Veranstaltungen in der Redaktion und im Deutschen Haus bleibt unvergessen! Vor allem die alljährlichen Festlichkeiten zum 8. März, dem Internationalen Frauentag, waren mit viel Liebe und Begeisterung vorbereitet und durchgeführt worden. Mit Gesang, Tanz und dichterischen Talenten war der 8. März immer ein absoluter Höhepunkt der vielen hochwertigen Veranstaltungen.

Nach meinem Jahr in der DAZ-Redaktion zog es mich noch viele Jahre, sommers wie winters, nach Almaty, um diese herzliche Gastfreundschaft erleben zu dürfen.

Die Anzahl an Themen in der Redaktion war ebenfalls beeindruckend und kam mir oft schier unendlich vor. Es gab immer etwas zu tun: So wurden bildungspolitische Themen an Universitäten, Deutsch-Schulen und dem Goethe-Institut besprochen; auf Wirtschaftsforen und Firmen-Präsentationen wurde die Entwicklung der deutsch-kasachischen Wirtschaftskooperation erörtert; auf wissenschaftlichen Konferenzen wiederum weltpolitische Themen diskutiert.

Aber auch die aufstrebende Kultur-Szene Almatys fand mit neuen Theaterstücken, Ausstellungen und Künstlerporträts in den Artikeln der DAZ Gehör.

Mein Lieblings-Genre waren allerdings Reiseberichte aus den Regionen Kasachstans und angrenzender Länder. Bekannte Autoren schickten ihre eigenen Reiseerlebnisse, aber auch ich selbst nutzte alle Möglichkeiten, um Land und Leute kennenzulernen: allein und mit Wanderfreunden erkundete ich die einheimischen Berge des Transili-Alatau und des Tienschan-Gebirges. Mit einem einheimischen Reiseveranstalter buchte ich eine Fahrt über Kysylorda nach Baikonur, um an einem Raketenstart der Proton-M teilzuhaben. Gemeinsam mit dem berühmten Alpinisten Kazbek Valijev und seiner Truppe unternahm ich eine abenteuerliche Reise per Geländewagen, zu Fuß und per Helikopter ins Basislager am höchsten Berg Kasachstans: des geheimnisvollen Khan Tengri. Auf 4.000 Meter Höhe stehend, blickten wir dem gigantischen Herrscher der Berge an der kasachisch-kirgisisch-chinesischen Grenze entgegen, der sich mit seinen knapp 7.000 Metern hoch über uns erhob.

Mithilfe einer deutschen bildungspolitischen Stiftung (FES) bereiste ich Kasachstan von Aktau und Atyrau am Kaspischen Meer über Aktobe und Semipalatinsk im Norden, Karaganda und Astana in Zentralkasachstan bis nach Kysylorda im Süden.

All diese Eindrücke sind unvergessen und haben mich stark geprägt.

Es erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, in dieser arbeitsintensiven Zeit in Kasachstan liebe Freunde getroffen zu haben, zu denen das starke Band der Freundschaft bis heute hält.
Heute kann ich ohne Übertreibung sagen: Die Erlebnisse und Erfahrungen in Kasachstan von 2011-2012 sowie in den Jahren danach auf vielen privaten Reisen nach Almaty und Astana (heute: Nur-Sultan) gehören zu den wertvollsten und nachhaltigsten in meinem Leben.

Die Erinnerungen an diese unglaublich intensive und kreative Zeit bewahre ich bis heute, obwohl bereits mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Ich wünsche dem gesamten Redaktionsteam der DAZ weiterhin viel Erfolg und Schaffenskraft auf ihrem Weg sowie privat alles erdenklich Gute, Glück und Gesundheit!

Malina Weindl

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