Die Präsidenten der fünf Länder der Region folgen einer Einladung von Chinas Staatschef Xi Jinping. In Xi’an sollen neue Projekte und Initiativen vor allem im Logistikbereich angestoßen. Der Gipfel ist auch ein Zeichen für Chinas wachsenden Einfluss in der Region.

Selten stand Zentralasien so stark im Fokus der Weltöffentlichkeit wie aktuell. Seit Russlands Ukraine-Invasion und seinem endgültigen Bruch mit dem Westen buhlen die Großmächte um Einfluss in der rohstoffreichen und geopolitisch interessanten Region. Der große Gewinner ist dabei China, das seine Position auf Kosten Russlands zuletzt deutlich ausgebaut hat. Ein neues Kapital in den Beziehungen zwischen dem Reich der Mitte und den Ländern der Region könnte diese Woche aufgeschlagen werden.

Am Donnerstag und Freitag findet in der zentralchinesischen Metropole Xi’an das erste Gipfeltreffen „Zentralasien – China“ statt. Chinas Präsident Xi Jinping hat die Staatschefs der fünf Länder nach seiner Moskau-Reise Ende März zu diesem Format eingeladen, und alle haben ihr Kommen zugesagt. Laut Xi Jinping soll es bei dem Gipfel um neue Projekte und Initiativen gehen – vor allem in den Bereichen Transport und Logistik. Die Stadt Xi’an ist in der Hinsicht als symbolträchtiger Ort gut geeignet – sie gilt als östlicher Endpunkt der Seidenstraße.

Tokajew: „Müssen Rolle Chinas anerkennen“

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew wird bereits am Mittwoch in die Volksrepublik reisen und dann planmäßig bis zum Ende des Gipfels am Freitag bleiben. Ein mögliches Schlüsselereignis, das in der kasachischen Presse bereits im April eifrig erörtert wurde, könnte die Unterzeichnung eines Abkommens über Visafreiheit für Bürger beider Länder sein. Laut den Medienberichten könnten sich Bürger Kasachstans demnach visafrei in China aufhalten und Bürger der Volksrepublik in Kasachstan bis zu 30 Tage ab Grenzübertritt, maximal jedoch 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen. Das entspräche den Regeln, die bislang schon für Bürger der EU, darunter Deutschlands, galten. Aufgrund vielfältiger Spekulationen sah sich ein Sprecher des kasachischen Außenministeriums Mitte April zunächst genötigt, darauf hinzuweisen, dass das entsprechende Abkommen aktuell noch nicht unterzeichnet wurde. Das könnte nun in der laufenden Woche geschehen.

Schon am Wochenende gab Tokajew dem chinesischen Sender CCTV ein ausführliches Interview im Vorfeld seines Staatsbesuchs. Der chinesische Journalist wollte von Tokajew unter anderem wissen, was er Menschen antworten würde, die besorgt sind über die wachsende Annäherung Chinas an Zentralasien. Darauf entgegnete sein Gast, dass es dafür keine Gründe gebe, da die Absichten beider Seiten offen und ehrlich seien. „Es ist eine Tatsache, dass China in Hinblick auf seine Wirtschaftskraft den zweiten Platz in der Welt einnimmt“, so Tokajew weiter. „Deshalb müssen wir die Rolle Chinas anerkennen und sehr gute Beziehungen mit Ihrem Land aufbauen.“

Tokajew unterstrich in dem Gespräch einmal mehr Kasachstans traditionelles Streben nach einer multivektoralen Außenpolitik. „Das historische Schicksal der Republik Kasachstan besteht darin, friedliebend zu sein und Vorteile aus freundschaftlichen Beziehungen zu allen Ländern zu erzielen.“

Erfolgreicher Balanceakt zwischen den Machtpolen

In der Tat balanciert das Land bislang erfolgreich entlang der globalen Konfliktlinien, die sich zwischen den Großmächten in den letzten Jahren immer weiter vertieft haben. Kasachstan unterhält einerseits traditionell gute Beziehungen zu Russland, mit dem es unter anderem in der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit verbunden ist. Zuletzt besuchte Tokajew gemeinsam mit den anderen zentralasiatischen Staatschefs die zentrale Parade in Moskau anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes in Europa. Zugleich hält sich Kasachstan aber an die westlichen Sanktionen gegen Russland, liefert seit diesem Jahr Öl nach Deutschland und bringt z. B. das Projekt des Mittleren Korridors voran, um die Transportwege zwischen China und Europa unabhängiger von Russland zu machen.

Chinas Präsident Xi Jinping besuchte bereits im September Kasachstan und versprach dabei, die Souveränität der zentralasiatischen Länder gegen Eingriffe von außen zu verteidigen – ohne explizit darauf einzugehen, von wem diese bedroht sei. Sein Besuch und seine Aussagen wurden jedoch seinerzeit schon als klares Zeichen für den wachsenden Einfluss Chinas in der Region auf Kosten Russlands gewertet.

cstr.

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